Prof. Florian Riegler beschäftigt sich mit der Entwicklung von Wohnen aufgrund von veränderten Bedarfen an Wohnraum. Gemeinsam mit Studierenden versucht er dabei neue Wohnkonzepte zu erschließen. Viele der Studierenden haben dabei einen internationalen Hintergrund und bringen ihre jeweiligen Erfahrungen und Lebenswirklichkeiten aus der Heimat dabei mit ein.
Wohnen wird zum Alptraum?
Riegler konstantiert zunächst eine grundlegende Veränderung der Architektur; so war wohnen und bauen bisher zumeist auf Repräsentation ausgelegt. Die Folge davon sind überdimensionale Wohnzimmer oder Küchen sowie überdimensionierte Tische und andere Möbel.
Das Wohnzimmer als representativer Raum zur Begegnung der Familie oder zum Empfang der Freunde hat sich teils überlebt, auch die Küche als Treffpunkt der Großfamilie ist im Singeldasein eher passe. Verbundenen damit sind hochpreisige Wohnenkosten, die man sich teils nicht mehr leisten kann. So kann Wohnen zu einem Alptraum werden.
Gesellschaftlicher Wandel
Bei diesen Überlegungen bezieht sich Rieger auf einen allgemeinen gesellschaftlichen Wandel; der Trend raus aus der Stadt kehrt sich derzeit um, wohnen wird wieder urbaner.
Gleichzeitig löst sich die Mittelschicht scheinbar auf, statt der (Groß-) Familie hat man es heute mit geselligen Individualisten zu tun, Singels, Geschiedene oder Alleinerziehendene geraten zunehmend in den Fokus.
Hinzukommen teils prekäre Lebenssituationen beruhend auf einem zunehmenden Auseinanderklaffen der Einkommens- und Vermögensverteilung in unserer Gesellschaft.
Neue Anforderungen an Wohnen
Mit dem gesellschaftlichen Wandel entstehen neue Bedürfnisse und Anforderungen an das Wohnen. Neue Lösungen beim Wohnen sind gefragt, dabei geht es nicht nur um bescheideneres Wohnen sonderns auch um „smartes Wohnen“. Hier werden z.B. Wohngröße und Komfort der Wohnungen entkoppelt oder neue technische und architektonische Ideen und deren Umsetzungen gesucht.
Ideen der Studierenden
Rieger stellt beispielhaft neue Ansätze für prägende und beeindruckende Entwicklungen vor, die von seinen Studierenden entwickelt wurden. Prägend dabei können Kindheitserfahrung sein, so hat eine seiner Studierenden aus der Erinnerung an das Zuhause ihrer Großmuttern einen zentralen Hof als Ausgangspunkt entworfen. Um den Hof herum grenzen Wohnungen an, jeweils die Küchen sind dabei zum Hof geöffnet und laden zur Kommunikation und zum gemeinsamen Raum ein.
In einem anderen Entwurf wird Anlehnung an einen Film von Fellini genommen; wie im Film wird dabei auf die Küche fokusiert, dies ist der Raum für die Kommunikation und das gemeinsame Leben. In einem anderen Entwurf wird das Leben im Garten aufgegriffen. Der Fokus liegt dabei auf den Aussenräumen, das Leben könnte im Garten stattfinden, Laubengänge wirken dabei in den Wohnraum hinein.
Fazit
Gemeinschaftliche Wohenkonzepte stehen bei den Studierenden hoch im Kurs. Dabei sind neben gemeinsamen Lebens- und Begegnungsorten wie offenen Küchen aber auch kleine eigene Rückzugsmöglichkeiten wichtig. Dies scheinen besonders interessante Wohnangebote für die geselligen Individualisten und modernen Normaden zu sein.
Diskussion
Rieger postuliert eine grundsätzliche Veränderung der Anforderungen und Bedürfnisse zwischen den Generationen in Bezug auf Wohnen. Junge Menschen haben andere Vorstellungen vom Leben als die älteren Gemerationen, so seine zentrale These.
Ob es sich dabei aber nicht auch um Anforderungen in spezifischen Lebensphasen handeln kann, die sich also mit zunehmendem Alter und der Veränderung der Lebenssitutation auch wandeln können, kann nur kurz angerissen werden. So wird aus dem Publikum die Frage gestellt, ob sich durch Familiengründung oder Veränderung des Status die Wohnvorstellungen verändern oder z.B. durch das Alter auch die Anforderungen von Barrierefreiheit an Bedeutung gewinnt kann leider nicht mehr weiter vertieft werden.