durch Prof. Dr. Norbert Palz
In seinem Begrüßungsvortrag zu Eröffnung der 34. Sommeruniversität in Berlin verwies der Vizepräsident der Universität der Künste, Herr Prof. Dr. Palz, darauf hin, dass diese Format des lebenslangen Lernens heuer zu 34. Mal stattfände.
Die diesjährige
Veranstaltung befasse sich mit dem Thema: Kultureller Austausch und Heimat und
frage nach dem Beitrag der Künste für Identität.
Diese Frage könne nur geklärt werden, wenn man sich die Rolle der Künste, der
Kunstschaffenden in der Gesellschaft, an der sie Teil hätten und die ihre
künstlerische Arbeit präge, vergegenwärtige.
Der offensichtlichste Beitrag liege in der geistigen und emotionalen Begegnung zwischen Kunstschaffenden und Betrachtern. Künstlerischem Verständnis nach sei es eine der wichtigsten Eigenschaften der Künste, dass sie sich in ihrer Existenz und Auslegung nicht legitimieren und dementsprechend weder nützlich noch funktional oder praktisch sein müssten.
Gute künstlerische Projekte würden sich durch eine bleibende Differenz zwischen der Intention des Künstlers und der Rezeption des Betrachters auszeichnen.
Kunsttheorie und Kunstgeschichte würden sich zwar permanent bemühen, sie einzuordnen, zu vergleichen oder durch ihre Analysen zu dekonstruieren .Aber sie ließen sich doch in ihren Gänze nicht vollständig dechiffrieren
Dadurch entstehe eine
reizvolle instabile und wünschenswerte Situation kommunikativer Annäherung,
ihre Unvollständigkeit sei aber auch gleichzeitig eine wichtige rätselhafte Eigenschaft
künstlerischen Handels und seiner Wahrnehmung.
In der OP-Art fände dieser Aspekt eine ganz konkrete formale Übersetzung. Es
sei eine Kunstströmung, die sich mit menschlichen Wahrnehmungsprozessen
beschäftige und in den Folgejahren nach dem 2. Weltkrieg als eine von vielen
Gegenpositionen zur propagandistischen faschistischen Kunstpraxis entstanden
sei. Die Identität dieser Werke, die mit Sinnestäuschungen und optischen
Phänomenen arbeite und auf der Wahrnehmungsfähigkeit jedes einzelnen Menschen
beruhe, lasse sich nicht in ein einzelnes Bild fassen und publizieren, dort
bliebe es seltsam stumm und leblos.
Kunstwerk und Betrachter gingen so eine Beziehung ein, die nicht vervielfältigt sondern als intim, privat und flüchtig erlebt werde.
Auch der Künstler selbst
entziehe sich jeglicher Vereinfachung. Er repräsentiere die ideelle
Vorstellung, die es in der Gesellschaft über ihn gebe, und erscheine zugleich
als ein eigenständiges Individuum, das seine Kreativität in konkreten Bezügen
als Beruf auslebe.
Der Künstler sei in seinem Werkschaffen Teil der Gesellschaft und werde in
gleichem Maße von dieser geformt. Er ist kritischer Staatsbürger, der in seinen
Werken allerdings keiner argumentativen Schlüssigkeit verpflichtet sei und die
Konditionen seines Wirkens nicht legitimieren müsse.
Im Anbetracht einer sich
wandelnden Gesellschaft in Deutschland und auch anderswo, erscheine aus diesem
Grunde ein oftmals von reaktionären Stimmen geäußertes Bedürfnis nach einer
Kunst, die sich in traditionellen und dekorativen Formen manifestiere als
Ausdruck künstlerischen Wirkens paradox, da es die gesellschaftliche und
politische Bedeutung des Künstlers eliminiere und die radikalen Kräfte der Künste
zu domestizieren sich anschicke. Unser Erleben von Gesellschaft sei durch direkte
Interaktion vermittelt, moderne Kommunikation- und Informationsmedien würden
uns aber auch die Erweiterung unseres gesellschaftlichen Verständnisses über
diesen direkten Rahmen hinaus erlauben. Die jeweilige Kultur einer Gesellschaft
werde in ihrer Fähigkeit, Fragen des Zusammenlebens aushandeln zu können,
sichtbar. Eine demokratische Gesellschaft gehe hierbei von einem Anrecht aller
auf ihre individuelle Sichtweise im Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung
aus.
Die Universität der Künste bekenne sich in ihrer Lehre und Forschung sehr
deutlich zu dem Bild einer vielfältigen und freiheitlichen Gesellschaft, da es
einem zeitgenössischen und relevanten zu vermittelnden Kunstbegriff zuträglich
sei. Wenn man also in Zukunft von Heimat sprechen sollten, so Prof. Palz, würde
es ihn freuen, wenn damit eine dialogische Kultur der positiven Differenz
gemeint wäre, die sich an ihrer Wandelbarkeit und an ihren individuellen
Haltungen erfreue. Es sei sicher einem guten künstlerischen Schaffen zuträglich.