Frau Steinecke, Sie bieten bei der Herbstakademie einen Workshop an. Gibt es dafür spezielle Gründe?
Ich bin relativ neu am KIZ (Kommunikations- und Informationszentrum) in Ulm und habe mich gefreut, dieses schöne Angebot kennen zu lernen. Es ist eine willkommene Gelegenheit, sich mit einem Thema der Wahl auseinanderzusetzen. Besonders gefällt mir an der Herbstakademie, dass sie sich an alle wendet und nicht nur an ein rein akademisches Publikum.
„Georg Forster und Alexander Humboldt auf den Spuren der französischen Revolution“ ist der Titel des Workshops. Legen Sie den Schwerpunkt eher auf Forster, auf Humboldt oder auf die politischen Umstände der damaligen Zeit?
Ich versuche, allem gerecht zu werden. Meine Idee ist, sich die damalige Reise in ihren verschiedenen Facetten zu vergegenwärtigen. Das Mittel dabei ist, sich die einzelnen Bausteine des Themas genauer anzuschauen mit dem Ziel, dass sich am Ende ein Gesamtbild ergibt.
Mit welchen Mitteln vergegenwärtigen Sie den Teilnehmern die Zeit um 1790?
Mit Impulsvorträgen, Textarbeit mit Hilfe verschiedener Medien und Gruppenarbeit.
Was ich gerne zeigen möchte, sind die Möglichkeiten moderner Bibliotheksarbeit. Zum Beispiel ist ein klassisches Buch nicht mehr nur ein Druckwerk, sondern man hat alle Möglichkeiten, die die Digitalisierung heute mit sich bringt. Zum Beispiel macht die Edition Humboldt Digital, historische Texte mit modernen Mitteln lesbar und erfahrbar.
Ein Vergleich der Lebensleistungen von Georg Forster, der nur 40 Jahre alt wurde und der von Alexander von Humboldt, der 90jährig starb, ist schwierig. Beide waren Naturforscher, bereisten die Welt, haben Bücher mit sehr schönen Illustrationen veröffentlicht. Welchem der beiden stehen Sie näher?
Die Wahl fällt schwer. Es handelt sich wirklich um zwei große Persönlichkeiten, die es verdient haben, noch heute rezipiert und gewürdigt zu werden.
In den Hauptvorträgen werden die Verdienste Humboldts gebührend dargestellt.
Sie tragen dazu bei, dass Georg Forster, der Begründer der Ethnologie, der Weltreisende, der Naturforscher, etwas mehr ins Licht rückt. Warum sollte man Forster nicht vergessen?
Was immer gewürdigt gehört, ist Menschlichkeit und die Bereitschaft mit offenen Augen auf fremde Kulturen zu schauen und der Mut, sein eigenes Urteil zu fällen. Das hat der unabhängige Denker Georg Forster reichlich und zwar sein Leben lang getan.
Warum steht Georg Forster im Schatten Humboldts?
Humboldts Oevre stellt einen großen Schatz dar, das Werk ist so reichhaltig, so vielseitig, dass bis heute noch nicht alles aufgearbeitet ist. Die Gesamtschau auf die Natur, die Darstellung von komplexen Zusammenhängen und der nachhaltige Umgang mit der Natur, das spricht uns heute bei Humboldt an.
Forster war ebenfalls eine sehr mutige Persönlichkeit. Was problematisch war für die Forster-Rezeption bis ins 20. Jahrhundert hinein, ist das Stigma des Vaterlandsverrates, weil er sich zum Revolutionär wandelte und den Anschluss der Rheinlande (Mainz) ans revolutionäre Frankreich zu erreichen suchte.
Frau Steinecke, als Mitarbeiterin am KIZ. haben Sie einen Überblick über heutige Publikationen.
Taucht in ihrer Arbeit der Name Forster oder Humboldt noch gelegentlich auf?
Nein, da wir an der Universität Ulm keine geisteswissenschaftliche Fakultät haben. Auch deshalb bin ich so froh über das Angebot der Herbstakademie. Wir haben aber an der Uni Ulm das Glück, viele modere und zukunftsträchtige Fakultäten zu haben, deren Mitglieder sehr erfolgreich publizieren. Wir bieten am kiz dafür die unterstützenden Dienstleistungen an.
Ich danke Ihnen für das Gespräch.